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Die Auswahl des Sachverständigen

Die Bezeichnung „Sachverständiger“ ist gesetzlich nicht geschützt. Wer durch eine öffentlich rechtliche Institution auf gesetzlicher Grundlage öffentlich bestellt wurde, bietet die Gewähr für die besondere Sachkunde, Unabhängigkeit, Objektivität und Vertrauenswürdigkeit. Die öffentliche Bestellung ist die vom Gesetzgeber vorgesehene Auszeichnung besonders qualifizierter Sachverständiger.

Der öffentlich bestellte Sachverständige muß in einem offiziellen Bestellungsverfahren einen anspruchsvollen Nachweis über seine besondere Sachkunde führen. Darunter versteht man überdurchschnittliche Fachkenntnisse und Erfahrungen.

Der öffentlich bestellte Sachverständige hat einen umfangreichen Pflichtenkatalog bei der Erstattung seiner Gutachten zu beachten, der dem Auftraggeber größtmögliche Sicherheit gibt, ein einwandfreies Gutachten zu erhalten.

1. Pflicht zur Prüfung der sachlichen Zuständigkeit

Der Sachverständige hat zu prüfen, ob der Gutachtenauftrag in sein Fachgebiet fällt und ob gegebenenfalls weitere Sachverständige zur Lösung der Gutachtenfrage hinzugezogen werden müssen.

2. Pflicht zur persönlichen Gutachtenerstattung

Der Sachverständige ist verpflichtet, den Gutachtenauftrag persönlich zu erledigen. Eine übertragung des Auftrages auf einen anderen Sachverständigen oder auf Hilfskräfte ist nicht gestattet.

3. Pflicht zur Mitteilung von Zweifeln und besonders hoher Kosten

Der Sachverständige hat bei Zweifeln am Inhalt und Umfang seines Auftrages rechtzeitig mit dem/n Auftraggeber/n eine Klärung herbeizuführen. Er muß ebenfalls darauf hinweisen, wenn der Kostenvorschuß (beim Gerichtsauftrag) oder der vereinbarte Kostenrahmen (beim Privatauftrag) erheblich überschritten wird.

4. Pflicht zur unparteiischen Aufgabenerfüllung

Der Sachverständige hat seine Gutachten stets unter dem Gesichtspunkt absoluter Neutralität und Unvoreingenommenheit zu erstatten. Ein umfangreiches Regelwerk bestimmt die objektiven Maßstäbe, die zur Befangenheit des Sachverständigen führen können.

5. Pflicht zur Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit

Bei der Erbringung von Leistungen darf der Sachverständige keinerlei Einflußnahme ausgesetzt sein, die geeignet ist, seine tatsächlichen Feststellungen, Bewertungen oder Schlußfolgerungen so zu beeinflussen, daß die erforderliche Objektivität und Glaubwürdigkeit seiner Aussage nicht mehr gewährleistet sind. Auftragsvolumen oder dauernde geschäftliche Beziehungen zu einzelnen Auftraggebern sowie Ergebniswünsche und Vorgaben dürfen Inhalt und Ergebnis des Gutachtens nicht beeinflussen.

6. Pflicht zur gewissenhaften Gutachtenerstattung

Der Sachverständige hat seine Aufträge unter Berücksichtigung des aktuellen Standes der Wissenschaft, Technik und Erfahrung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Sachverständigen zu erledigen. Die tatsächlichen Grundlagen sind sorgfältig zu ermitteln und die erforderlichen Besichtigungen persönlich vorzunehmen. Die Gutachten sind systematisch aufzubauen, übersichtlich zu gliedern, nachvollziehbar zu begründen und auf das Wesentliche zu konzentrieren. Kommen für die Beantwortung der gestellten Fragen mehrere Lösungen ernsthaft in Betracht, so hat der Sachverständige diese darzulegen und den Grad der Wahrscheinlichkeit gegeneinander abzuwägen.

7. Schweigepflicht

Dem Sachverständigen ist es untersagt, bei Ausübung seiner Tätigkeit erlangte Kenntnisse Dritten unbefugt mitzuteilen oder zum Schaden anderer, zu seinem Nutzen oder zum Nutzen anderer unbefugt zu verwenden.

8. Pflicht zur Erstattung von Gutachten

Der Sachverständige ist verpflichtet auf seinem Fachgebiet, für das er öffentlich bestellt ist, Gutachten zu erstatten. Diese Verpflichtung kann nur aus wichtigem Grunde abgelehnt werden.

9. Fortbildungspflicht

Der Sachverständige muß sich auf dem Sachgebiet, für das er öffentlich bestellt und vereidigt ist, ständig fortbilden. Ebenso hat er den Erfahrungsaustausch mit Kollegen und einschlägigen Institutionen zu pflegen. Nur so ist er in der Lage, seinen Gutachten den jeweils neuesten Stand von Wissenschaft, Technik und Erfahrung zugrunde zu legen. Die Erfüllung dieser Pflicht wird von der zuständigen Kammer in regelmäßigen Abständen geprüft.

10. Pflicht zur Haftung

Die Gutachtenerstattung ist eine persönliche und eigenverantwortliche Leistung des Sachverständigen. Er hat daher für die Richtigkeit seiner gutachterlichen Feststellungen einzustehen. Für Schäden, die dem Auftraggeber oder dem interessierenden Personenkreis aus einer fehlerhaften Gutachtenerstattung entstehen, hat der Sachverständige zu haften. Der Sachverständige darf deshalb seine Haftung weder bei Vorsatz noch bei grober Fahrlässigkeit ausschließen.

11. Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Auskunftspflichten

Der öffentlich bestellte Sachverständige hat umfangreiche Aufzeichnungs- Aufbewahrungs- und Auskunftspflichten. Gutachten und Unterlagen sind mindestens sieben Jahre aufzubewahren. Der Sachverständige muß seiner Kammer auf Verlangen Auskunft zu konkreten Gutachtenaufträgen geben. Die Kammer kann auch zur überprüfung der persönlichen Integrität eine Kontrolle in den Räumen des Sachverständigen durchführen.

Bild: © Walter Warstatt