Die Problematik der Vergleichsmiete
Grundsätzlich werden Mieten und Pachten auf der Basis vergleichbarer Objekte ermittelt. Die Problematik der Vergleichsmiete im Hotel- und Gaststättengewerbe besteht darin, dass es grundsätzlich keine unmittelbar vergleichbaren Objekte gibt.
Legt man die Maßstäbe der Vergleichsmiete für Gewerberaummieten an, so sind mindestens drei gleichgerichtete Objekte zur sicheren Bestimmung einer Vergleichsmiete notwendig. Diese Bestimmung wird im Hotel- und Gaststättengewerbe bereits regelmäßig durch die Lageabhängigkeiten des jeweils zu beurteilenden Makro- und Mikrostandortes konterkariert.
In den meisten Fällen sind bereits Abhängigkeiten derart different, dass kein ausreichendes Datenmaterial zur Verfügung steht.
Zahlreiche weitere Imponderabilien der gastronomischen Pachtverträge erschweren den weiteren Vergleich. Eine Anzahl von offenen und verdeckten vertragsbedingten und objektimmanenten Faktoren könnten im Falle der Anwendung der Vergleichsmiete lediglich durch wenig nachvollziehbare und damit angreifbare Zu- und Abschläge berücksichtigt werden. Sie würden einen Mietpreisvergleich letztlich ad absurdum führen. Es musste festgestellt werden, dass allenfalls in 2 – 3 % aller Pachten ein konkreter Vergleich möglich war. Wesentliche Gründe für das Scheitern von Vergleichsmiet- und pachtverfahren in der Hotellerie und Gastronomie sind darin zu sehen, dass
- nicht ausreichend umfangreiches Datenmaterial
- nicht ausreichend vergleichbares Datenmaterial
- nicht ausreichend belegtes Datenmaterial
- Fehler bei der Bestimmung von Zu- und Abschlägen
- ungenügende Berücksichtigung des Teilnutzwertes bei Verrechnen von Zu- und Abschlägen
einen objektiv nachvollziehbaren Vergleich nicht möglich machten.
EOP-Methode
Bis zur Verkündung des BGH – Urteils im April 1999 wurde die Pacht im Hotel- und Gastgewerbe allgemein nach den Maßstäben des EOP-Verfahrens bestimmt. Die EOP-Methode orientierte sich an den möglichen Erträgen, die ein durchschnittlicher Betreiber im jeweiligen Objekt erzielen konnte. Wesentliche Kritik der BGH-Richter war, dass die Pachtermittlung nach der EOP-Methode einseitig an den Risiken der Pächter orientiert sei. Dieses Argument ist zutreffend; unberücksichtigt blieb jedoch der Sachverhalt, dass das Risiko des Pächters, der die Pacht erwirtschaften muss, im letzten auch immer das Risiko des Verpächters ist, wenn eine wirtschaftlich überhöhte Pacht nicht mehr gezahlt werden kann, werden Pachtverträge beendet.
Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 28. April 1999 bezog sich zwar ausschließlich auf die Bestimmung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB (Wucher). Bei entsprechender Berücksichtigung der Entscheidungsgründe in diesem Urteil wurde aber davon ausgegangen werden, dass diese auch für die Anpassung und Neufestsetzung von Mieten und Pachten im Hotel- und Gaststättengewerbe allgemein gelten.
Kombinationsverfahren
Um den Entscheidungsgründen des BGH Rechnung zu tragen, wurde vom Sachverständigen ein neues Verfahren vorgeschlagen, dass teilweise die bisherigen Elemente einbezieht.
Das Verfahren geht zunächst davon aus, die Miete/Pacht auf der Basis eventueller Vergleichsobjekte zu ermitteln. Es entspricht der allgemeinen Rechtsauffassung, die auch Maßstab in der Unternehmensbewertung ist, dass ein Marktpreis grundsätzlich vor jeder anderen Ermittlung zu bevorzugen ist.
Wenn jedoch mehr als drei wesentliche Korrekturfaktoren notwendig sind, wird sich grundsätzlich die Frage der Nachvollziehbarkeit stellen. Aus der Sicht des Verfassers sind die daraus abzuleitenden alternativen Mietwertfeststellungen für Objekte des Hotel- und Gaststättengewerbes problematisch.
Der BGH lässt in dem oben zitierten Urteil die Möglichkeit offen, andere Vergleichsmaßstäbe zu berücksichtigen, wenn ein Marktpreisvergleich nicht möglich ist.
Bei Mietverhältnissen ist der Verkehrswert und damit die ortsübliche Marktmiete in der Regel als Vergleichsmiete, d. h. durch Vergleich mit den erzielten Mieten für andere vergleichbare Mietobjekte, festzustellen. Nur wenn ausnahmsweise vergleichbare Objekte nicht zur Verfügung stehen sollten, …. sind ggf. andere Erfahrungswerte heranzuziehen
Exakt die hier beschriebenen Ausnahmen sind bei Objekten des Hotel- und Gaststättengewerbes die Regel. Dies gilt im Übrigen auch für eine Anzahl weiterer Spezialobjekte, bei denen ein Mietpreisvergleich nur selten möglich ist.( z.B. Campingplätze, Kühlhäuser etc.)
Greift man die wesentliche Kritik des BGH an der EOP-Methode auf, dass ausschließlich die Risiken des Pächters berücksichtigt sind, so sind in einem neuen Verfahren auch die Risiken des Verpächters zu ermitteln.
Ist also keine ausreichende Anzahl von echten Vergleichsobjekten zu ermitteln, die dem zu beurteilenden Objekt entsprechen, kommt die Ermittlung einer Pacht auf der Basis betriebswirtschaftlicher Kalküle und der Risikoabwägung beider Parteien in Betracht.
Hierbei ist das Risikopotential des Verpächters im Rücklauf seiner Investitionen zu sehen; im Wesentlichen Zins, Abschreibung, Reparaturen (Investitionspacht).
Die Differenz zwischen der notwendigen Investitionspacht und der vereinbarten Pacht ist eine Position der Berechnung.
Das Risiko des Pächters besteht in der Differenz zwischen der vereinbarten Pacht und der betriebswirtschaftlich möglichen Pacht (nach vereinfachter EOP- Methode). Bei der Bestimmung der betriebswirtschaftlich möglichen Pacht bedient sich der Sachverständige einer Weiterentwicklung der von Loew entwickelten EOP-Methode mit der Beschränkung auf wenige wesentliche Korrekturfaktoren. Diese Methode stellt eine objektive Einschätzung des pächterseitigen Risikopotentials dar.
Die sich aus beiden Antipoden ergebenden, differierenden Werte werden mit Hilfe einer ausgewogenen Berechnung zur Risikoverteilung zwischen beiden Parteien (Pächter und Verpächter) zur nachhaltigen Pacht geformt.
Rechtliche Einordnung
Mit diesem Verfahren ist beabsichtigt, den wesentlichen Vorbehalt des BGH, die EOP – Methode sei einseitig pächterorientiert, auszuräumen.
Dieses Verfahren ist bereits in einigen Fällen von Oberlandesgerichten bestätigt worden.
Eine endgültige höchstrichterliche Bestimmung hierzu steht noch aus.
Der Sachverständige betrachtet dieses Verfahren als ein neutrales Verfahren zur Bestimmung der angemessenen Pacht und Berücksichtigung der jeweiligen Parteiinteressen.
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